Serielles Sanieren mit seinen neuen technischen Möglichkeiten zur industriellen Vorfertigung einzelner Gebäudeelemente kann wesentlich zum Dämmschutz und somit zum Klimaschutz beitragen. Der estnische Hersteller Matek beteiligt sich an einem Pilotprojekt von Mehrfamilienhäusern in Berlin.
Mit 18 % ist „Wohnen“ unter den Top-5 der jährlichen persönlichen Treibhausgas-Emissionen; ein Großteil macht das Heizen aus, so der CO2-Rechner des Umweltbundesamts. Weitere 8 % entfallen auf „Öffentliche Emissionen“, darunter Schulen oder Krankenhäuser. Ein großer Teil der Gebäude in Deutschland ist noch immer schlecht isoliert und der entsprechend hohe Energieverbrauch trägt zum Klimawandel bei. Gebäude zu dämmen, entfaltet die größte Wirkung, mit der jede und jeder Einzelne am effektivsten den CO2-Ausstoß senken können. Es ist gleichzeitig eine Herausforderung auch für viele Wohnungsunternehmen.
Mit seinem Programm „Förderung der Seriellen Sanierung“ unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Ziel, die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden weiter zu steigern. Bis 2050 muss der Gebäudebestand umfassend energetisch saniert werden, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen.
Beim seriellen Sanieren geht es auch um neue technische Möglichkeiten zur industriellen Vorfertigung einzelner Produkte sowie aufeinander abgestimmte Sanierungselemente. Das schließt auch ein, digitale Fertigung in die Sanierungsprozesse zu integrieren. Bau- und Zulieferunternehmen oder handwerkliche Betriebe sind aufgerufen, neue technische Lösungen und Konzepte anzubieten.
Vorgefertigte Fassadenelemente sorgen für mehr Flexibilität und Effizienz
Automatisierte Vorfertigung heißt, dass abseits der Baustelle vorgefertigte Fassaden- bzw. Dachelemente für die Sanierung bereits bestehender Gebäude eingesetzt werden, einschließlich damit verbundener Anlagentechnik. Die vorgefertigten Elemente haben einen so hohen Vorfertigungsgrad, dass sie im Vergleich zur herkömmlichen Sanierung die Montagezeit vor Ort deutlich reduzieren – und zumeist ohne Gerüst auskommen. Alle drei Aspekte wirken sich natürlich auch kostengünstig aus.
Eines der Unternehmen, das in Berlin an einem aktuellen Projekt des Förderprogramms beteiligt ist, ist Matek aus dem estnischen Tallinn. Matek ist auf die Herstellung von Holzrahmen- und Modulhäusern spezialisiert, aber auch auf Fassadenelemente aus Holz.
Matek hat sich für die Teilnahme am BMWi-Programm empfohlen, etwa durch ein Projekt an der Technischen Universität Tallinn. Dort wurde 2018 ein 35 Jahre altes, fünfgeschossiges Studentenwohnheim mit verschiedenen neuen Technologien zum Nullenergie-Haus umgebaut, ein bislang einmaliges Projekt in Skandinavien und dem Baltikum. Matek hat die Betonfassade mit einer Lösung aus Holz verkleidet, gedämmt und modernisiert, so dass das Gebäude neben Wärme-, Schall- und Brandschutz auch eine attraktive Außenwirkung mitbringt. So verbindet sich ein robustes Tragwerk mit einer ressourceschonenden, individuellen Gebäudehülle.
Die Außenfassade wird als Holzrahmenelement in Tallinn vorgefertigt und beinhaltet die Lattung, die Konterlattung, die Dämmschicht, die winddichte Schicht, die PE-Folien und die hölzernen Fassadenelemente. „Die Vorfertigung bedingt eine sorgfältige Arbeit, die ein Gradmesser der Qualität ist, um eine winddichte Lösung zu erzielen, die allen weiteren technischen Gebäudestandards entspricht“, sagt Kaarel Väer, Verkaufsleiter von Matek.
Matek ist mit dem deutschen Markt vertraut. 1988 gegründet, begannen bereits fünf Jahre später die ersten Exporte nach Deutschland. Seither hat Matek kleinere und größere Projekte produziert, darunter Wohnsiedlungen, Wohnhäuser und öffentliche Gebäude in ganz Europa. „95% unserer Produktion gehen ins Ausland“, erläutert Kaarel Väer. „Der Hauptmarkt ist Skandinavien, aber Matek-Häuser stehen auch in der Schweiz, in Italien oder Deutschland.“ Für 2021 ist die Gründung einer deutschen Tochtergesellschaft für die Renovierung geplant; 2022 sollen die ersten 5-stöckigen Mehrfamilienhäuser renoviert werden, und zwar mit starken deutschen Partnern, die den Kunden eine schlüsselfertige Lösung für die serielle Sanierung gewährleisten – einschließlich aller wichtigen technischen Dokumentationen und der Renovierung von Spezialarbeiten (Heizung, Sanitär, Lüftung).
„Holz ist optimal für die Vorfertigung“, ergänzt Annika Kibus, Geschäftsführerin des Verbands estnischer Holzhaushersteller. Sie findet in der Produktionshalle statt mit modernsten CNC-Maschinen, d.h. witterungsunabhängig und präzise. Von dort werden die Fassadenelemente zur Baustelle transportiert und in kürzester Zeit mit einem Kran installiert.
Estnische Holzbau-Unternehmen sind regelmäßig dabei, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen für komplexe Herausforderungen zu finden – ob öffentliche Gebäude, privatwirtschaftliche Bauten oder auch Privat- oder Gartenhäuser. Jedes vierte Holzhaus, das in die EU exportiert wird, kommt aus Estland, dem größten Exporteur von Holzhäusern in Europa.
Die Holzindustrie gehört zu den größten Fertigungsindustrien Estlands. Der Verband der estnischen Holzhaushersteller (Estonian Wooden Houses Cluster) steht für knapp 80% dieses Segments und vereint die größten Holzhaushersteller in Estland. Seine Mitglieder bilden die vollständige Wertschöpfungskette ab, von der Waldbewirtschaftung bis zu den vielfältigen Endprodukten. In den letzten Jahren hat der Export nach Deutschland zugenommen.
„Estland ist aber auch bekannt als ein Vorreiter der Digitalisierung“, sagt Annika Kibus. „Von daher ist es logisch, dass sich Matek an dem BMWi-Programm für serielles Sanieren beteiligt.“ Das Land, seit knapp 20 Jahren Mitglied der EU, steht an der Spitze der digitalen Transformation in Europa und exportiert Industrie-4.0- und Automationsanwendungen für verschiedenste wirtschaftliche Bereiche – auch für den Bausektor. Vollautomatische Holzbearbeitungsmaschinen sorgen ohne Qualitätseinbußen für mehr Flexibilität und Effizienz.
Deutschsprachige Ansprechpartner
Architekten und Projektentwickler können weitere Fallstudien und Informationen über die Holzbauindustrie auf der deutschsprachigen Website https://tradewithestonia.com.de abrufen, Matek selbst kontaktieren oder direkt die Büros der estnischen Wirtschaftsförderung in Nürnberg und Berlin ansprechen.
*“Berlin: Lösungen aus Estland für serielles Sanieren mit Holz“