Selbst die kleinste Hütte kann manchmal der Anfang von etwas richtig Großem sein. Was als bloße Marktforschungsstudie zur Ermittlung des Bedarfs an Baustellenhütten begann, hat sich inzwischen zum größten Fertigungs- und Montagebetrieb für vorgefertigte modulare Gebäude im Baltikum entwickelt. So beginnt die Erfolgsgeschichte von Harmet – die Geschichte einiger Geschäftsleute, die sich zum ersten Mal trafen, eine gemeinsame Basis für die Entwicklung eines neuen Produkts fanden und durch dick und dünn gingen, um schließlich eines der führenden Unternehmen für modulares Bauen in Skandinavien zu werden.
Toomas Kalev, Vorstandsvorsitzender von Harmet, erinnert sich noch lebhaft an diese frühen Tage. „Aufgrund des zunehmenden Kostendrucks aus dem Osten spielten wir mit dem Gedanken, unser Geschäft mit Metallcontainern aufzugeben. Wir waren ganz erpicht darauf, Marktnischen für Baustellenhütten zu ¬finden, als sich unsere Wege mit Ivar Valdmaa und Toomas Linamäe von CRAMO kreuzten, die von unseren Plänen wirklich fasziniert zu sein schienen. Innerhalb von 6 bis 12 Monaten nach unserem ersten Treffen konnten wir unsere erste modulare Hütte fertigstellen – und wir wollten noch viel mehr, obwohl wir anfangs nur 1–2 Mitarbeiter hatten und unsere Produktion auf eine Hütte pro Monat beschränkt war. Heute beschäftigen wir über 800 Mitarbeiter und verkaufen modulare Gebäude nach Skandinavien, Großbritannien und sogar in die Vereinigten Staaten“, betont Kalev voller Stolz. Als überzeugter Vertreter eines praxisnahen Arbeitsansatzes ist ihm auch die konkrete Montagearbeit nicht fremd. „Ich sage unseren neuen Mitarbeitern im Büro immer, dass sie in die Fertigungshalle gehen und sich dort nützlich machen sollen – so lernt man mindestens fünfmal schneller, als wenn man den ganzen Tag hinter dem Computer sitzt.“
In den 20 Jahren, in denen das Unternehmen tätig ist, hat man bei Harmet einiges dazugelernt, wobei die Finanzkrise von 2008 besonders wertvolle Lektionen für das unternehmerische Überleben lieferte. Die Zahlen sahen großartig aus und wiegten das Unternehmen in dem Glauben, dass alles gut lief. „Wenn man ein Unternehmen führt, darf man sich niemals zurücklehnen. Vielmehr sollte man immer auf der Suche nach Möglichkeiten zur Verbesserung und Effizienzsteigerung sein, sonst läuft man in Gefahr, den Fokus zu verlieren und allzu bequem zu werden“, erklärt Kalev. In jenen turbulenten Zeiten ließ Harmet sogar Paletten zerlegen, nur um den Arbeitsablauf in Gang zu halten und die Mitarbeiter zu beschäftigen. „Vor harten Zeiten kann man nicht davonlaufen, aber man kann lernen, mit ihnen umzugehen. Deshalb haben wir uns verpflichtet, immer Reserven anzulegen und für unser Handeln und unsere Versprechen verantwortlich zu sein. Wir tragen immer noch denselben Markennamen, wir haben immer noch dieselben Leute an der Spitze und wir sind nach wie vor unter denselben Telefonnummern zu erreichen – mit dieser Art von Beständigkeit vermitteln wir unseren Partnern und gleichermaßen unseren Mitarbeitern ein Gefühl von Vertrauenswürdigkeit“, glaubt Kalev.
Heutzutage besteht die größte Herausforderung für Harmet darin, die Effizienz zu steigern. Da die Arbeitskosten steigen und die Kunden in Skandinavien und anderswo nicht bereit sind, die Transportkosten selbst zu übernehmen, muss das Unternehmen Lösungen fi¬nden, um die Preise auf den Exportmärkten wettbewerbsfähig zu halten.
Durch einen Glücksfall konnte Harmet vor einigen Jahren gebrauchte, aber wenig genutzte Montagelinien eines Modulbauwerks in St. Petersburg kaufen, wodurch sich die Möglichkeit bot, einen komfortablen Puffer für Reserveproduktionskapazitäten zu schaffen. Produktionskapazität allein ist jedoch nur ein Teil der Gleichung – Effizienz wird durch den nahtlosen Betrieb der gesamten Wertschöpfungskette erzielt, von den ersten Zeichnungen bis hin zur Endmontage und Qualitätskontrolle. „Der Schlüssel zu reibungslosen Betriebsabläufen sind Planung und Engineering. Aus diesem Grund hat Harmet seine eigene Tochtergesellschaft gegründet, die alle Planungs- und Engineering-Aufgaben übernimmt – zwei Bereiche, die sich in Zukunft vermutlich zu unserem Hauptgeschäft entwickeln werden. Wie man in unserer Branche sagt, sind es nämlich nicht die Bauherren, die Null-Energie-Gebäude schaffen, sondern die Ingenieure!“ stellt Kalev fest.
Das Produktportfolio von Harmet umfasst Mehrfamilienhäuser, Hotels, Seniorenheime, Studentenwohnheime, Bürogebäude, Schulen und Kindergärten – im Prinzip alle Gebäude, die aus vorgefertigten Modulen gebaut werden können. In letzter Zeit jedoch hat Harmet auch in andere Produktbereiche expandiert, darunter maßgeschneiderte Badezimmerzellen, die in den Produktionshallen des Unternehmens in Estland und Finnland gefertigt werden. Ein weiteres neues Geschäftsvorhaben ist ein Immobilienentwicklungsprojekt in Finnland, für das sich Harmet mit der ¬finnischen TILA Group zusammengetan hat. Das Projekt sieht die Entwicklung eines Wohngebiets vor, das auf einem Gelände von 74 Hektar in der Nähe von Helsinki entstehen soll. „Das Vorhaben unterstützt unsere Ambitionen, uns von einem Hersteller vorgefertigter modularer Gebäude zu einem Hauptauftragnehmer zu entwickeln“, hebt Kalev hervor.
Die Erschließung von Überseemärkten ist für Harmet ein natürlicher Entwicklungsschritt, da 90 % der Produktion des Unternehmens nach Skandinavien exportiert wird, vor allem nach Schweden, gefolgt von Norwegen und Finnland. Harmet hat seine Ziele noch höhergesteckt – als nächstes sind Großbritannien und die USA an der Reihe. Das Joint Venture BoKlok von Skanska und IKEA hat Harmet mit der Herstellung mehrerer Wohnhäuser beauftragt, um der zunehmenden Wohnungsknappheit in Großbritannien entgegenzutreten. Die ersten vier Wohnhäuser sollen im Jahr 2021 in Bristol errichtet werden. Das bahnbrechende Konzept wird das erste vom National House Building Council zertifizierte modulare Wohnhaussystem in Holzrahmenbauweise sein. Im Rahmen eines weiteren neuen Prototypkonzepts, das speziell für den US-amerikanischen Wohnungsmarkt entwickelt wird, sollen die Module in Estland gefertigt und über den Atlantik verschifft werden.
Kalev erläutert, dass die Verwendung von Holz als Baumaterial früher eine charakteristische Besonderheit für Skandinavien war, in den letzten Jahren sei jedoch weltweit ein regelrechter Boom eingetreten, der die Nachfrage nach modularen Gebäuden mit Holzelementen in die Höhe trieb, was zu Anfragen von weither, u. a. aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und sogar aus Nigeria, führte. Da die Arbeitskosten auf der Baustelle rapide ansteigen und die Bauherren daran interessiert sind, weniger Geld auf der Baustelle auszugeben, werden vorgefertigte Module direkt aus der Fabrik bestellt. Neue technologische Durchbrüche ebnen auch hier den Weg, wie die zunehmende Verwendung von Kreuzlagenholz zeigt, das für immer höhere Tragwerke verwendet wird.
Mit seinen 5 Produktionsstätten und 800 Mitarbeitern hat sich Harmet einen großen Wettbewerbsvorteil gegenüber vergleichbaren Unternehmen in der Region gesichert: die Fähigkeit, schlüsselfertige Großprojekte zu realisieren „Wir sind in der Lage, Bauprojekte mit einem Volumen von 20 Mio. Euro abzuwickeln, und ich wage zu behaupten, dass es nicht viele andere Unternehmen in unserer Region gibt, die über solche Kapazitäten verfügen. Planung und Engineering spielen dabei eine entscheidende Rolle, denn Skalierungseffekte bringen gerade bei Großprojekten enorme Vorteile. Unsere Kunden brauchen die Besonderheiten des modularen Hausbaus nicht zu kennen, denn unsere Experten wissen genau, welche Lösungen sie anbieten können. Und genau das ist gerade in den heutigen Zeiten besonders wichtig, in denen in zunehmendem Maße Immobilienfonds und nicht mehr Baufirmen die Hauptauftragnehmer sind“, erklärt Kalev.
Die Verwendung von Holz als primäres Baumaterial hat auch eine tiefere ökologische Bedeutung. Holz trägt als Kohlenstoffspeicher nicht nur dazu bei, die Auswirkungen des Klimawandels und den globalen CO2-Ausstoß zu reduzieren, sondern bietet auch eine gesündere Umgebung für die täglichen Nutzer der Gebäude. „Wir versuchen, unserer Vision von Nachhaltigkeit näherzukommen. Aus diesem Grunde nutzen wir in unseren Produktionsstätten Solarenergie und pflanzen jedes Jahr so viele neue Bäume an, wie wir im Vorjahr für unsere Produkte verarbeitet haben. Ebenso wie wir versuchen, Fehler bei der Planung, Herstellung oder Montage unserer modularen Gebäude zu vermeiden, wollen wir sicherstellen, dass wir auch der Umwelt keinen Schaden zufügen“, schließt Kalev.
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