Das in Estland gegründete Unternehmen Threod Systems kann sich stolz als führendes estnisches Verteidigungs- und Luftfahrtindustrieunternehmen bezeichnen. Zwar gibt es in der Verteidigungs- und Luftfahrtindustrie weitaus größere Akteure, im eigenen Industriezweig Wettbewerber zu finden, ist jedoch schwierig. Threod Systems fertigt in Viimsi bei Tallinn für Informationserfassungs- und Beobachtungsmissionen konzipierte unbemannte Luftfahrzeuge von Weltklasse an und stattet diese mit den dazugehörigen Sensorsystemen aus.
Laut Villiko Nurmoja, dem Geschäftsführer von Threod Systems, unterscheidet sich Threod von der Konkurrenz hauptsächlich dadurch, dass viele Hersteller von unbemannten Luftfahrzeugen als Systemintegratoren fungieren und einzelne Komponenten von Zulieferern kaufen. Bei den unbemannten Luftfahrzeugen von Threod dagegen liegt die technische Ausarbeitung und die Produktion ganz in der Hand des Unternehmens. Die unbemannten Luftfahrzeuge werden von Threod Systems selbst konzipiert, ebenso werden alle Rumpfteile aus Verbundwerkstoffen selbst hergestellt.
„Unser Ziel ist es, so viel wie möglich selbst zu entwickeln und zu fertigen, um eine nahtlose Interoperabilität der Systeme gewährleisten zu können. Lediglich die Sensorkomponenten und Kommunikationswerkzeuge kaufen wir hinzu; deren Produktion überlassen wir anderen. Alles andere jedoch – von der Steuerungssoftware bis hin zu den kleinsten Details der Sensorsysteme und Luftfahrzeuge – wird von uns hergestellt“, betont Nurmoja. „Jedes Luftfahrzeug, das wir produzieren, ist ein Unikat und auf die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kunden zugeschnitten. Zuerst wählen wir die für einen Auftrag erforderlichen Sensoren aus, danach beschäftigen wir uns mit dem Sensorensystem (payload) und erst dann beginnen wir mit der Fertigung. Der große Vorteil der unbemannten Luftfahrzeuge von Threod ist deren Flexibilität sowie die Möglichkeit, Funktionen zu erweitern. Dabei handelt es sich oft um Lösungen, die von anderen Herstellern nicht angeboten werden.“
Threod ist aus dem Interesse der Unternehmensbesitzer an der Modellfliegerei entstanden. Durch dieses Hobby wurden die Leidenschaft und Motivation geweckt, sich stärker mit der Entwicklung von unbemannten Luftfahrzeugen zu befassen. Threod wurde 2012 gegründet und begann, einhergehend mit einer aktiven Entwicklungstätigkeit, die ersten unbemannten Luftfahrzeuge herzustellen. Der erste Verkaufsvertrag wurde drei Jahre später abgeschlossen. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens war der zusammen mit dem Verteidigungsministerium im Jahre 2014 entwickelte Autopilot, der die Unabhängigkeit und Flexibilität von Luftfahrzeugen bei der Erfüllung verschiedener Aufgaben garantiert. Einer der großen Vorteile des Autopiloten für den Endbenutzer ist die Möglichkeit, eine Aufgabe vor dem Start einzuüben und zu praktizieren.
„Angefangen mit einem weißen Modellflugzeug, haben wir uns zu einem Weltklasse-Hersteller entwickelt. Unser Wunsch ist es, in fünf Jahren eine führende Position in unserem Industriezweig einzunehmen und als eine Top-3-Wahl unter potenziellen Kunden zu gelten, wenn es um die Anschaffung von unbemannten Luftfahrzeugen geht. Voraussetzung hierfür ist, dass wir zusammen mit den Kunden wachsen und die Zusammenarbeit auf eine wertorientierte Basis stellen“, bestätigt Nurmoja. Derzeit sind in dem 2 400 Quadratmeter großen Unternehmenskomplex von Threod Systems 50 Mitarbeiter mit der Entwicklung und Fertigung von unbemannten Luftfahrzeugen beschäftigt. „Wir verkaufen ein Luftfahrzeug nicht als ein alleinstehendes Produkt, sondern wir verkaufen dem konkreten Kunden eine komplette Lösung, die das vollständige Lebenszyklusmanagement einschließt. Alle von uns geschaffenen Systeme kommunizieren miteinander und bilden ein sogenanntes Internet der Dinge. Diese Ganzheitlichkeit verschafft uns einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.
Heute produziert Threod unbemannte Luftfahrzeuge in vielen verschiedenen Größen. Eines der verbreitetsten Modelle von Threod ist der Multikopter Titan, der Hilfe in letzter Minute bietet. Das Modell wird zum Beispiel vom Grenzschutz, von der Polizei und vom Seenotrettungsdienst verwendet wird, um in Not geratenen Menschen Medikamente und lebensrettende Ausrüstung zu liefern. Das größte Modell im Portfolio von Threod ist das unbemannte Luftfahrzeug Stream, das einen Einsatzradius von 150 Kilometern abdeckt sowie über Starrflügel und ein Senkrechtstart-System verfügt. Die auf das Luftfahrzeug montierte fußballgroße Sensorbasis kann ein Fahrzeug in einer Entfernung von 15 Kilometern und eine Person in einer Entfernung von 9 Kilometern am Tag und in der Nacht erkennen. Das gesamte System wird von einer vierköpfigen Crew vom Boden aus betrieben, wobei ein Crewmitglied das Luftfahrzeug steuert und ein anderes die Kamera führt sowie ein drittes und viertes die Bodenabfertigung, die Flugvorbereitung und die Wartung des Luftfahrzeugs übernehmen. Damit die Gerätschaft bequem von einem Ort zum anderen transportiert werden kann, hat Threod spezielle Container entwickelt, die für Wartungs- und Lagerungszwecke oder für Tätigkeiten des Flugsteuerungsstabs herangezogen werden können. Das kleinste unbemannte Luftfahrzeug von Threod ist eine mit Elektromotor ausgestattete EOS, die über eine Reichweite von 50 Kilometern verfügt und neben der Verwendung zu militärischen Zwecken auch für die Landvermessung, Stromleitungsüberwachung, Forstwirtschaft, Präzisionslandwirtschaft und für die Umweltforschung eingesetzt werden kann.
Für die Zukunft hat Threod beeindruckende Pläne. Laut Nurmoja laufe derzeit eine Durchführbarkeitsstudie zur Entwicklung eines größeren Luftfahrzeugs. „Außerdem arbeiten wir daran, die Navigationsfähigkeiten in Situationen zu verbessern, in denen die GPS-Signalübertragung unterbrochen ist oder in denen sich bemannte und unbemannte Luftfahrzeuge gleichzeitig im Luftraum bewegen. In Zukunft werden wir möglicherweise gar keine einzeln fliegenden unbemannten Luftfahrzeugen mehr sehen, sondern Schwärme von Luftfahrzeugen, die unterschiedliche Aufgaben ausführen“, fügt Nurmoja hinzu.
Zu den Kunden von Threod zählen vorwiegend Regierungen unterstellte Einrichtungen wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Armeen, aber zunehmend auch Universitäten und Forschungseinrichtungen. Derzeit haben wir Kunden in 15 Ländern – von Afrika bis Indonesien. „Unsere Systeme werden u. a. in Kasachstan, der Ukraine, Griechenland, Zypern, Estland, Finnland, Frankreich, Kanada und in den Vereinigten Arabischen Emiraten eingesetzt. In diesen Ländern sind wir und Estland bereits bekannt. Dennoch müssen wir manchmal erklären, dass Estland Mitglied der NATO und der Europäischen Union ist. Ebenso bekannt sind die digitale Erfolgsgeschichte Estlands, unsere E-Government-Praxis sowie die Technologieunternehmen Skype und Bolt. Unsere Kooperationspartner sind auch von der Tatsache beeindruckt, dass Estland 2018 pro Kopf gerechnet die meisten Investitionen in Start-ups tätigte.“
Nurmoja ist davon überzeugt, dass Estland der beste Ort für Entwicklungsarbeit ist, nicht zuletzt, weil man hier auf ein hervorragendes Arbeitskräftepotenzial zurückgreifen kann. „Wir haben viele erfahrene Ingenieure, aber auch viele junge Menschen. Es gelingt uns, Fachkräfte auf höchstem Niveau zu gewinnen und auch bei uns zu halten.“ Was Estland betrifft, misst Nurmoja auch der Zusammenarbeit mit dem Staat und der allgemeinen Einstellung des Volkes große Bedeutung bei. „Sowohl gewöhnliche Arbeitnehmer als auch Beamte stechen dadurch hervor, dass sie sich beherzt an die Arbeit machen: Teeme ära! – Lasst es uns machen!“ Die Intimität eines kleinen Landes zeichnet sich dadurch aus, dass jeder jeden kennt und hier sehr schnell Lösungen gefunden werden können. Die Menschen sind rational eingestellt und sehr bemüht, intuitive Lösungen anzubieten – immer ist es auch möglich, ganz andersartige Lösungen zu finden. Erlernte Hilflosigkeit trifft man in Estland nur selten an. Auch wenn der Staat ein guter Partner für uns Unternehmer ist, ist der wahre Schlüssel zum Erfolg die Synergie, die sich aus der geschäftlichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen ergibt“, betont Nurmoja.
Wie ist es, mit Estland Handel zu treiben? Wie kann man von den E-Lösungen und der Effizienz der estnischen Unternehmenskultur profitieren? Welche Chancen bieten die einzelnen Branchen?
Das Team der Estonian Trade Development Agency bietet Ihnen gern über den kostenlosen E-Consulting-Service seine Hilfe an.