Die Geschichte des estnischen Holzhausbauers Timbeco reicht in die Zeit der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands in den frühen 90er Jahren zurück, als der damals noch bescheidene Familienbetrieb unter dem Namen Palktare Holzblockhäuser für zahlungskräftige Kunden aus Nordeuropa und Deutschland baute. Das Jahr 2006 markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung des Unternehmens, da die Nachfrage nach Holzgebäuden auf den nordeuropäischen Märkten aufgrund strengerer Anforderungen an die Energieeffizienz zurückging.
Dennoch bestand auf den Märkten eine Nachfrage nach erschwinglichen, aber stilvoll designten vorgefertigten Gebäuden, die in Post-and-Beam-Bauweise vor Ort zusammengebaut werden konnten. Die ersten aus Elementen gebauten Gebäude wurden 2007 fertiggestellt. Bald jedoch wechselte Timbeco zu Hybridkonstruktionen über – vornehmlich Fassaden-, Wand- und Dachelemente aus Holz für Stahl- und Betongebäude –, ein Marktbereich, in dem es nur wenig Konkurrenz in Estland gab.
Zu den Hauptprodukten des Unternehmens gehörten bis 2018 Hybridkonstruktionen, unter denen sich einige einzigartige, meisterhaft gefertigte Bauobjekte befanden, auf die man bei Timbeco bis heute stolz ist, z. B. das phänomenale öffentliche Bibliotheksgebäude Oodi in Helsinki, Finnland, und die vorgefertigten Holzwandelemente für ein 18-geschossiges Appartementhochhaus in Stavanger, Norwegen. Das Produktportfolio von Timbeco ist geradezu beeindruckend – von Blockhäusern für private Kunden in Japan über Krankenhäuser bis hin zu Industriegebäuden in der ganzen Welt.
Heutzutage liegt der Fokus der Geschäftstätigkeit von Timbeco auf der Fertigung von Modulhäusern, die von der Tochtergesellschaft Timbeco Woodhouse entworfen werden. Die Unterscheidung zwischen Elementhäusern und Modulhäusern mag verwirrend sein, der Verkaufsleiter von Timbeco, Tõnis Vaiksaar, hat jedoch eine einfache Erklärung. „Elementhäuser werden aus vorgefertigten Holzrahmenelementen gebaut und vor Ort montiert, während Modulhäuser vollständig im Werk gefertigt und in nur ein paar Stunden aufgebaut werden sowie abgebaut und an einem anderen Ort aufgebaut werden können.“
Die Gründer und Manager von Timbeco fühlen sich dem Lager der Puristen zugehörig, dessen Ziel es ist, soweit wie möglich nur Holz als Material zu verwenden. „Holz ist recycelbar und erneuerbar. Wir beobachten gerade, dass sich der gesamte Bausektor in diese Richtung bewegt und immer mehr Holzstädte entstehen. Glücklicherweise haben auch die örtlichen Verwaltungen und politischen Entscheidungsträger dieses erkannt, was uns weiteren Schwung für unsere Arbeit gibt“, führt Vaiksaar aus.
Im Zuge der weltweiten Nachfrage nach nachhaltigeren Materialien hat sich der Export von Timbeco auf ganz Europa ausgeweitet, wobei Nordeuropa, Mitteleuropa, die Schweiz, die Niederlande und Deutschland die wichtigsten Schlüsselmärkte sind. Im Moment hat das Unternehmen jedoch eine neue Marktnische im Visier, den Bau von Plug&Play-Selbstbedienungsstationen. „Die Möglichkeiten, die sich in diesem Bereich bieten, sind endlos. Wir haben noch nicht einmal eine Vorstellung davon, wie unsere Produkte von unseren Kunden einmal verwendet werden könnten – z. B. als Selbstbedienungstankstellen, Minikioske oder als Airbnb-Unterkunftseinheiten“, glaubt Vaiksaar. Der wichtige Aspekt hierbei ist, dass es von den örtlichen Vorschriften und Bestimmungen her möglich sein kann, 100 Quadratmeter große Modulhäuser ohne Baugenehmigung aufzustellen.
Die industrielle Fertigung von Gebäuden ist ein sehr komplexer Prozess, der viel Koordination und Planung erfordert, ganz zu schweigen von der Kompetenz in der Kommunikation mit allen beteiligten Parteien. Was Timbeco heraushebt, ist die Fähigkeit des Unternehmens, als Projektmanager zu fungieren und nicht nur als Hersteller zu agieren. „Es ist eine Henne-Ei-Frage, ob wir Projektmanager mit Herstellerkompetenz oder Hersteller mit Projektmanagementkompetenz sind“, lächelt Vaiksaar. „Beide Kompetenzen sind jedoch gleich wichtig und bilden die solide Grundlage für unseren internationalen Erfolg.“ Der überwiegende Teil des Timbeco-Teams hat einen Ingenieurabschluss an der Technischen Universität Tallinn. Bei fast allen praktischen Problemen, die gelöst werden müssen, kann sich das Unternehmen auf das Knowhow seiner Mitarbeiter verlassen.
Die Entwicklung technischer Lösungen, die Herstellung massiver Holzelemente und die Überwachung der Baumaßnahmen für die Oodi-Zentralbibliothek in Helsinki war für Timbeco das bislang herausforderndste Projekt. „Unsere Mission war es nicht, einfach nur Holzdachelemente zu liefern, sondern wir wollten unsere Projektmanagementfähigkeiten verkaufen. Mit anderen Worten: Wir bieten ein Servicepaket, das zu einem Produkt führt und nicht umgekehrt.“ Der Erfolg, den Timbeco mit dem Oodi-Projekt hatte, hat die Anzahl der Anfragen aus Finnland und anderen Teilen Nordeuropas erheblich erhöht.
Obwohl die Menschen im Team von Timbeco in Sachen Holz Puristen sind, haben Sie nichts dagegen, auch Beton oder andere Materialien bei Bauen zu verwenden. Sie bevorzugen jedoch Holz sowie Verbundmaterialien, bei denen Holz mit anderen Materialien kombiniert werden kann. „Wir sollten uns von Extremen fernhalten – Holz ist nicht unbedingt für alle Räume und Zwecke das ideale Material. Was jedoch die Nachhaltigkeit betrifft, bleibt es im Vergleich zu anderen Materialien unerreicht. Wenn wir bei allem, was wir tun, die Tabellenkalkulationslogik anwenden, sollten alle Häuser aus meterdicken Holzmaterialien gebaut sein. Aber das würde keinen Sinn ergeben“, folgert Vaiksaar. Die Aufgabe der Ingenieure ist, die besten Eigenschaften verschiedener Materialien zu bestimmen und sie so verantwortungsvoll und effizient wie möglich zu einem sinnvollen Bündel zu kombinieren.
Die Kapazitäten der estnischen Holzhausindustrie liegen viel höher als man erwarten würde, denn das kleine Land exportiert mehr Holzhäuser als jedes andere Land der Welt. Es gebe zwar größere Hersteller, wie Vaiksaar erklärt, diese würden sich aber eher auf ihre Inlandsmärkte konzentrieren. „Niemand weiß mehr über die gesetzlichen Bestimmungen auf den verschiedenen Märkten als die Esten. Unsere CE-Zertifikate sind ein Beweis dafür.“
Der Grund für den Erfolg Estlands in diesem Marktsegment liegt in den Menschen. „Die Esten sind smart und zuverlässig. Wir konzentrieren uns nicht mehr so sehr auf den Fertigungsaspekt, sondern eher auf das Design, das Projektmanagement und die Installation.“ Die estnischen Hersteller sind weit über das Niedrigpreissegment hinaus in die Nische hochwertiger Produkte aufgestiegen und können sich nun stärker auf Ingenieursleistungen und technische Beratung konzentrieren. Diese Transformation macht sich auch in den Veränderungen in der Kundenstruktur bemerkbar. Die Kunden von heute sind in der Regel Entwickler, die über kleine, aber effiziente Teams verfügen, 90 % ihrer Dienstleistungen auslagern und nur das lokale Markt-Know-how und kleinere Kompetenzen für sich verbuchen.
Geschäftige und laute Baustellen scheinen für Timbeco nur eine ferne Erinnerung zu sein. „Unsere Tochtergesellschaft Timbeco Modular System erstellt Wohnungen, Doppelhäuser, Villen und größere Gebäude und deckt dabei alle relevanten Aspekte ab – von der Herstellung bis hin zur Aufstellung und Installation. Wir glauben, dass die Baustelle der Zukunft die Form einer Aufstellungs- oder Montagestelle haben wird, auf der die Arbeiten schnell durchgeführt und so wenig Menschen wie nötig eingesetzt werden. Entwickler möchten ihre Häuser mit minimaler Wartezeit bekommen, ähnlich wie bei einer Bestellung von Speisen aus einem Restaurant, die über einen Lieferservice abgeholt und zugestellt werden.“
Wie ist es, mit Estland Handel zu treiben? Wie kann man von den E-Lösungen und der Effizienz der estnischen Unternehmenskultur profitieren? Welche Chancen bieten die einzelnen Branchen?
Das Team der Estonian Trade Development Agency bietet Ihnen gern über den kostenlosen E-Consulting-Service seine Hilfe an.